Ausbildung

Informelle Ausbildungen

Nur wenige Jenische und Sinti, die fahrend leben, haben einen formalen Berufsabschluss. Die Eltern bringen ihren Kindern schon früh das Nötige bei, damit sie in die Fussstapfen der Erwachsenen treten können. So erfahren sie eine informelle Ausbildung in handwerklichen Arbeiten, beim Hausieren oder im Handel. Die Rollenverteilung ist in vielen Familien traditionell: die Frauen und Mädchen kümmern sich um den Haushalt, während die Männer und Jungen für ein Einkommen sorgen. Viele Jenische und Sinti sind Autodidakten und erlernen in der Praxis von Angehörigen, was sie zum Leben brauchen.

Kulturelles Dilemma

Die Frage der Ausbildung der Jugendlichen macht aber auch ein kulturelles Dilemma sichtbar, das schwierig zu lösen ist: Behalten die Jenischen ihre fahrende Kultur und ihre beruflichen Traditionen bei, sind ihre wirtschaftlichen Perspektiven schwierig. Wollen sie sich für ihre Kinder neue Möglichkeiten eröffnen, müssen sie mindestens für die Zeit einer Berufsausbildung ihre fahrende Kultur aufgeben und sich an die Kultur der Sesshaften anpassen. 

Zukunftschancen

Fachleute sind sich einig, dass hier ein Mittelweg die beste Lösung wäre: Wenn Fahrende sich um eine gute Schulausbildung bemühen, erschliessen sie sich neue Berufschancen, was das Überleben der nomadischen Kultur längerfristig nicht gefährden, sondern im Gegenteil nachhaltig sichern würde. Die heutige Zeit ermöglicht unzählige Berufe, die auf keinen fixen Standort mehr angewiesen sind. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Jenischen und Sinti zukunftsfähige Berufsmodelle entwickeln. Zudem braucht es Flexibilität von Behörden und von den Eltern, und zuletzt müssen auch auf beiden Seiten Vorurteile abgebaut werden.